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Der Widerrufsjoker lebt! EuGH-Urteil auch für Zwangsversteigerungen wichtig

03. April 2020

In einem Verfahren gegen die Sparkasse Saarlouis hatte das Landgericht Saarbrücken entschieden, dem Europäischen Gerichtshof die Frage aufzugeben, ob die in den allermeisten Kreditverträgen zwischen 2010 und 2016 verwendete Widerrufsbelehrung der europäischen Verbraucherrichtlinie gerecht werde oder wegen Verstoßes gegen diese unwirksam sei.

Das hat der Europäische Gerichtshof in einer ganz aktuellen Entscheidung bejaht.

Konkret hat der Gerichtshof entschieden, dass dann, wenn eine Widerrufsinformation ihrerseits (für z. B. die Fristenberechnung) auf weitere Vorschriften aus dem nationalen Recht verweist, z. B. auf § 492 BGB und dieser wieder auf Artikel 247 EGBGB dann keine Belehrung vorliege, die im Sinne der europäischen Richtlinie klar und prägnant sei, wie das von dieser Richtlinie gefordert ist.

Dies hat zur Folge, dass die entsprechenden Widerrufsbelehrungen nicht dem europäischen Recht entsprechen. Bezüglich der Fristen, innerhalb derer ein solcher Widerruf ausgeübt werden kann, bedeutet das, dass wenn keine ordnungsgemäße Belehrung über den Fristbeginn vorliegt, die Frist auch noch gar nicht zu laufen begonnen hat, sodass alle Kreditverträge, sei es für Immobilien oder Kfz, zwischen Juni 2010 und heute noch widerrufen werden können.

Natürlich ist es jedem Bankinstitut und jeder Leasinggesellschaft freigestellt, eigene Widerrufsbelehrungen zu erstellen, sodass zu einem Widerruf nur nach sorgfältiger juristischer Prüfung geraten werden kann. Wenn der Widerruf möglich ist, bestehen erhebliche Einsparpotenziale, da zumindest jetzt der Kredit umgeschuldet werden kann, ohne eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen zu müssen, aber auch und gerade für notleidende Kredite, bei denen unter Umständen die Zwangsversteigerung schon läuft, da ganz erhebliche Zinsforderungen „eingedampft“ werden können.

Einschränkend ist darauf hinzuweisen, dass es sich um eine Entscheidung zu der europäischen Verbraucherkreditrichtlinie handelt, also dies auch nur für Kredite gilt, die von Verbrauchern aufgenommen wurden.

 

– Gotthard Brand –
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht